Weizenallergie und Zöliakie
Bezüglich der Verträglichkeit von Emmer und Einkorn für weizensensitive VerbraucherInnen liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor. Die Praxis zeigt, dass in einigen Fällen gute Erfahrungen gemacht wurden. Bislang lässt es sich aber noch nicht eindeutig benennen, was "Weizenallergie" ist und woran sie sich festmacht. Deswegen gibt es derzeit auch noch keine verlässlichen Untersuchungsverfahren, mit denen die allergene Wirkung verschiedener Getreidearten quantifiziert werden könnte.
Verwandtschaftlich steht der Emmer dem Hartweizen am nächsten, das Einkorn hat unter den gängigen Weizenarten keine näheren Verwandten. Dies könnte erklären, warum aus der Praxis immer wieder von Fällen berichtet wird, wo Zöliakiekranke den Genuss von Einkorn vertragen haben. Es gibt - derzeit noch nicht wissenschaftlich gesicherte - Hinweise auf vereinzelte genetische Linien bei Einkorn, deren Proteinzusammensetzung einen Genuss bei Zöliakie zulassen könnte.
Das Einkorn weist eine sehr auffällige gelbe Färbung auf, die durch einen hohen Gehalt an Karotinoiden hervorgerufen wird. Das Einkorn eignet sich hervorragend für Flocken und gekocht als Getreidebeilage. Gemahlen ergibt das Einkorn ein gelbliches, weiches Mehl. In der häuslichen Bäckerei lassen sich Kuchen, Plätzchen und Pfannkuchen herstellen. Das Herstellen von Brot und Brötchen erfordert auf Grund der schlechten Klebereigenschaften etwas Fingerspitzengefühl, wird aber mit herzhaftem Gebäck belohnt.
Der Emmer hat – als Verwandter des Hartweizens – ein sehr hartes Korn. Gemahlen ergibt er ein eher griesiges Mehl. Beim Emmer eröffnet einem die griesige Beschaffenheit des Mehls in der Bäckerei interessante neue Möglichkeiten. Mürbeteig wird lockerer, süßes Hefegebäck, Kuchen oder Klöße bekommen eine fast kristalline Struktur. Besonders lecker sind auch frischgebackene Emmer-Waffeln. Sehr schmackhaft ist eine traditionelle Emmer-Speise aus Italien, das ähnlich einem Risotto mit Zwiebeln, Lauch, Pilzen und etwas Rotwein zubereitet wird. Mit etwas handwerklichem Geschick lässt sich aus Emmer wunderbar aromatisches Hefe- oder Sauerteigbrot herstellen, welches im Ruf steht, besonders lange frisch zu halten. Vornehmlich gut eignet sich der Emmer für eifreie Nudeln (Frisch- und Trockenware).
Dinkel übertrifft die meisten Weizenarten im Gehalt an essentiellen Aminosäuren. Bei sieben der acht lebenswichtigen Eiweißbausteinen liegen seine Analysewerte über denen des Weizens. Auch in Hinsicht auf Vitamine und Mineralstoffe bietet er den größeren Reichtum. Ungewöhnlich ist die starke Präsenz von Kieselsäure. Ihr werden positive Auswirkungen auf die intellektuelle Leistungsfähigkeit zugeschrieben, auch auf Haut und Haare. Was die Verwendung von Dinkel betrifft, zeichnet ihn besonders sein Eiweiß aus, das über viel und hervorragenden Kleber verfügt. Folglich eignet er sich vorzüglich zum Backen. Er ergibt lockere Teige und ausgezeichnete, sehr bekömmliche Teigwaren.
Emmer (Amelkorn) und Einkorn gehören kulturhistorisch zu den ältesten von den Menschen kultivierten Getreiden. Ursprünglich kommen Emmer und Einkorn wie fast alle
Getreidearten aus dem nahen Osten. Entwicklungsgeschichtlich sind Einkorn oder Emmer älter als Dinkel und (Weich-)Weizen. Während der ältesten Ackerbaukulturen Mitteleuropas (Bandkeramik, 3000 v.
Chr.) war Emmer die wichtigste Getreideart. Im frühen Mittelalter (etwa 300-1000) machten Emmer und Einkorn nur noch wenige Prozent der Getreideanbaufläche aus. Durch die Intensivierung der
Landwirtschaft ab dem 18. Jahrhundert und die sich ändernden Ernährungsgewohnheiten der Menschen (von Brei und Fladenbrot zu hellerem Brot und Feingebäck) wurden Einkorn, Emmer und Dinkel zunehmend
vom „normalen“ (Weich-) Weizen verdrängt. Der Anbau dieser Weizenarten ist in Deutschland im Laufe des zwanzigsten Jahrhunderts fast vollständig erloschen.
Einkorn und Emmer gehören, genauso wie der Dinkel, zur Gattung Weizen und sind Spelzgetreide: Die Körner bleiben nach dem Dreschen fest von den Spelzen umhüllt und müssen in einem weiteren
Arbeitsgang entspelzt werden. Ein weiterer ackerbaulicher Nachteil der alten Getreidearten ist ihr niedriges Ertragsniveau, das auch durch Dünger nicht gesteigert werden kann.